Joann Sfar

© Magali Delporte

Joann Sfar

Comic-Autor und Erzähler, Filmregisseur, Drehbuchautor und Romancier – mit Joann Sfar zeichnet die Jury des Max und Moritz-Preises einen der vielseitigsten Künstler Frankreichs und einen der produktivsten zeitgenössischen Comic-Künstler überhaupt mit dem Preis für ein herausragendes Lebenswerk aus. Seine Bücher kreisen um das Judentum, Glauben und Philosophie, reagieren auf politische und gesellschaftliche Ereignisse und beschäftigen sich mit Fragen der Biografie. Mit über 160 Publikationen ist Joann Sfar seit mehr als zwanzig Jahren ein großer und wichtiger Erneuerer des französischen Comics.

Sein in Deutschland bekanntestes Werk ist die 2001 gestartete Serie „Die Katze des Rabbiners“, die schon 2004 mit einem Max und Moritz-Preis ausgezeichnet wurde. Der Kater eines Rabbiners aus Algier, der, nachdem er einen Papagei gefressen hat, sprechen kann und als ironischer Kommentator seine philosophischen und religiösen Ansichten mitteilt, gehört zweifellos zu den genialsten Figuren-Erfindungen der jüngeren Comic-Geschichte. Die Serie, von der bislang zwölf Alben vorliegen, ist ein Welterfolg, wurde bereits in zwanzig Sprachen übersetzt und eroberte unter der Regie des Autors als Zeichentrickfilm die Kinoleinwände.

Geboren wurde Joann Sfar am 28. August 1971 in Nizza. Beeinflusst von den Erzählungen und Mythen seines jüdischen Elternhauses begann er schon früh mit dem Zeichnen eigener Geschichten. In seiner Geburtsstadt studierte er Philosophie, anschließend besuchte er die Nationale Akademie der Schönen Künste in Paris. Im „Atelier des Vosges“ (an der Place des Vosges im Pariser Marais gelegen) teilte er sich das Studio mit bekannten Kolleg*innen wie Marjane Satrapi, Émile Bravo, Riad Sattouf, Mathieu Sapin, Christoph Blain, David B. und Lewis Trondheim. Mit Trondheim hob Joann Sfar 2007 auch die Fantasy-Reihe „Donjon” aus der Taufe, die heute mit über 50 Bänden Kultstatus erlangt hat.

Weitere wichtige Serien, die auf Deutsch vorliegen, sind unter anderem „Klezmer“ (ab 2007), „Professor Bell“ (ab 2004) und – für Kinder – „Desmodus der Vampir“ (ab 2006), daneben sind zahlreiche abgeschlossene Geschichten in Einzelbänden erschienen. In Frankreich werden außerdem seine Notizbücher verlegt, tausende eng beschriebener und mit Skizzen illustrierter Seiten, die als wichtiger Schlüssel zum Werk gelten, aber auch politische oder gesellschaftliche Fragestellungen kommentieren. Als Zeichner hat Sfar zu einem unverwechselbaren Stil gefunden, sein Repertoire reicht von skizzenhaften Illustrationen über feine Tuschezeichnungen bis zu Anleihen bei der Malerei. Als Autor erzählt er Geschichten nie lückenlos, sondern lässt Raum für die eigene Fantasie.

Mit dem Spielfilm „Gainsbourg – der Mann der die Frauen liebte“ debütierte Joann Sfar 2010 erfolgreich als Regisseur und wurde 2011 mit dem „César“ ausgezeichnet. 2013 folgte mit „Der Ewige“ sein erster Roman. Zuletzt ist im avant-verlag der autobiografische Comic „Die Synagoge“ erschienen, pünktlich zum Internationalen Comic-Salon wird der nächste Teil seiner Autobiografie unter dem Titel „Der Götzendiener“ vorliegen.

Das Stadtmuseum Erlangen würdigt Joann Sfar anlässlich des 21. Internationalen Comic-Salons mit seiner ersten retrospektiven Ausstellung in Deutschland und die Jury des Max und Moritz-Preises ehrt ihn als einen der wichtigsten lebenden Comic-Künstler für ein bereits jetzt herausragendes Lebenswerk, das in den nächsten Jahren ganz sicher noch mit vielen genialen Geschichten bereichert wird.

Comics in deutscher Sprache (Auswahl):

  • Petrus Grumbart. Splitter, Bielefeld 1998, im Vertrieb über avant-verlag, Berlin 2004
  • Donjon (mit den Unterserien „Parade“ und „Monster“). zus. mit L. Trondheim u. a., bislang 53 Bände, Reprodukt, Berlin 1999–2024
  • Professor Bell. 5 Bände (Bd. 3–5 zus. mit H. Tanquerelle), avant-verlag, Berlin 2004–2011
  • Pascin. avant-verlag, Berlin 2006
  • Die kleine Welt des Golem. avant-verlag, Berlin 2006
  • Desmodus der Vampir. 4 Bände. avant-verlag, Berlin 2006–2007
  • Klezmer. 5 Bände. avant-verlag, Berlin 2007–2017
  • Der kleine Prinz. Carlsen, Hamburg 2009
  • Sokrates der Halbhund. 3 Bände, zus. mit C. Blain, Reprodukt, Berlin 2011
  • Chagall in Russland. avant-verlag, Berlin 2012
  • Vampir. avant-verlag, Berlin 2013
  • Aspirine. avant-verlag, Berlin 2014
  • Die Katze des Rabbiners. 4 Sammelbände. avant-verlag, Berlin 2014–2022; Band 5: avant-verlag, Berlin, Oktober 2024
  • Der Traum des Apachen. Eine Hommage an Leutnant Blueberry. zus. mit C. Blain, Egmont, Berlin 2020
  • Die Synagoge. avant-verlag, Berlin 2023
  • Der Götzendiener. avant-verlag, Berlin, Juni 2024

 

Preise und Auszeichnungen (Auswahl):

1997 – Prix René Goscinny
1998 – Alph'Art Coup de Cœur in Angouléme
2002 – Yellow Kid in Lucca
2003 – Prix Oecuménique de la Bande Dessinée in Angouléme
2004 – Prix de album Jeunesse 7-8 ans in Angouléme
2004 – Max und Moritz-Preis als Bester Szenarist für „Die Katze des Rabbiners“
2006 – Will-Eisner-Award für „Die Katze des Rabbiners“
2009 – Essentiel Jeunesse du festival d'Angoulême für „Der kleine Prinz“
2011 – Filmpreis „César“ für „Gainsbourg – Der Mann, der die Frauen liebte“ (Bestes Debüt)
2012 – Filmpreis „César“ für „Die Katze des Rabbiners“ (Bester Trickfilm)
2014 – Officier de l'ordre des Arts et des Lettres
2024 – Max und Moritz-Preis für ein herausragendes Lebenswerk